Empfehlungen zum Datenschutz im Smart Grid - Entwurf
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Quelle:
Begleitforschung "E-Energy" und "IKT für Elektromobilität"
- Datum: 2010
Einleitung und Motivation
Achtung: Die hier vorliegende Datei ist überholt und dient lediglich Dokumentationszwecken. Eine aktualisierte Version findet sich hier.
Im Jahr 2007 hat die Europäische Kommission ein integriertes Paket von Rechtsvorschriften zum Thema Energie/Klimawandel vorgelegt, das in der 10-Jahres Perspektive auf die Themen Energie- versorgung, Klimawandel und industrielle Entwicklung eingeht. Im Ergebnis ist hiernach eine 20- prozentige Steigerung der Energieeffizienz, eine 20-prozentige Verringerung der Treibhausgas- emissionen und ein Zielwert von 20 % für den Anteil erneuerbarer Energiequellen am Gesamt- energieverbrauch der EU im Jahr 2020 vorgesehen. In einem ersten Schritt werden deshalb auf gesetzlicher Grundlage des § 21b Abs. 3a EnWG ab 2010 schrittweise bei Neubauten und bei Renovierungen von Gebäuden nur noch solche Energiezähler eingebaut werden, die den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit zeigen. In der Folge werden diese Zähler durch die Anbindung an die IKT-Infrastrukturen u. a. des Internets auch zur Weitergabe der Messdaten an Mehrwertdienste im Internet genutzt werden können. Die insofern datenschutzrelevanten Gefahrenlagen des Einsatzes von Smart Meter hat das ULD Schleswig-Holstein jüngst in einem Gutachten dargelegt.
Aus rechtlicher Perspektive ist in Bezug auf die auf Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) basierende informatorische Vernetzung der Akteure des Energiemarktes in diesem Zusammenhang ein doppelter Paradigmenwechsel zu konstatieren. Einerseits ein Wechsel von einem geschlossenen Markt mit energiewirtschaftsrechtlich klar definierten Rollen, Akteuren und Prozessen zu einem offenen Markt, der unter dem Gesichtspunkt von energieeffizienzsteigernden Maßnahmen zukünftig auch Kleinanbieter, Kooperationen von Nachfragern und Anbietern und den schnellen Rollenwechsel im Rahmen der Integration dezentraler Erzeugung und Speicherung aufnehmen muss. Auf der anderen Seite bedingt ein intelligentes Energiemanagement zur Unterstützung von Prozessen der Virtualisierung und ggf. Selbstorganisation eine Abkehr von den bislang dominierenden offline- Geschäftsprozessen zu einer vollständigen IKT-Basierung aller Kommunikation und der jedenfalls teilweisen Lösung von der Orientierung an der Netztopologie. Damit treffen IKT-spezifische Sach- materien, wie das Paradigma des „Internets der Dinge“ oder des „Internets der Dienste“, aber auch IT-Substitute von vormaligen offline-Prozessen, wie die eichrechtliche Nachvollziehbarkeit von Abrechnungen, auf das klassisch geprägte Prozessmodell des Energiesystems. In beiden Perspektiven muss damit auch eine Integrationsleistung für bestehende und neuartige Regulierungsanforderungen erbracht werden, die sich in besonderem Maße im datenschutzrechtlichen Kontext kumuliert.
Eine datenschutzrechtliche Herausforderung ist die Auflösung der klaren Prozess-, Akteurs- und Rollenstruktur des klassischen Energiemarktes, die sonst, vergleichbar dem Telekommunikationsmarkt, eine ideale Grundlage für ordnungsrechtlich strukturierende bereichsspezifische Vorgaben zum Datenschutz im Energiesystem gewesen wäre. Auf der anderen Seite sind die bestehenden Regelungen des IKT-Datenschutzrechts vielfältig nicht auf die spezifischen Herausforderungen des zukünftigen Smart Grid wie Maschine-Maschine-Kommunikation und Flexibilität durch Medienbruchfreiheit von Transaktionen angelegt und bedürfen einer Untersuchung, angepassten Integration oder Revision.
Als wesentliche datenschutzrechtliche Herausforderung für das Smart Grid erweist sich der Umstand, dass in die normativen Überlegungen zur Abwägung konkurrierender Belange nicht wie in den üblichen Sachgestaltungen des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich lediglich die Verbürgungen und Notwendigkeiten wirtschaftlicher Betätigung als konkurrierendes Schutzgut einzustellen sind.
Den vorgenannten Betrachtungen ist allerdings gemein, dass die zur rechtlichen Bewertung notwendigen Tatsachengrundlagen eine nur so unvollständige Hypothesenbildung über die möglichen Einsatzzwecke und Ziele des Smart Grid zulassen, dass konkrete rechtliche Schluss- folgerungen regelmäßig der Komplexität und den zu erwartenden Wechselwirkungen in der konkurrierenden Zielkonstellation Klimaschutz/Energieeffizienz, Innovationsoffenheit und Grund- rechtsschutz zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hinreichend gerecht werden können.
Vor diesem Hintergrund haben die beitragenden Modellregionen der E-Energy- und Elektromobilitätsmodellprojekte in diesen Empfehlungen den Versuch unternommen, anhand zweier generischer Modellszenarien einerseits das wesentliche Vorbringen aus vorhandenen Stellung- nahmen und Literaturbeiträgen und auf der anderen Seite auch eigene Betrachtungen im Rahmen der Projektarbeiten zu konsolidieren. Dabei werden datenschutzrechtliche Fragen, die sich aus der Forschungsperspektive der Modellregionen ergeben, insofern nicht vertieft betrachtet, als es vornehmlich um erste Ansätze zum künftigen gesetzlichen Normierungsrahmen und um Impulse für die Markt- und Technikentwicklung durch die beteiligten Akteure gehen soll.
Der vorliegende Empfehlungsentwurf wurde im Rahmen der E-Energy Veranstaltung "Nutzerschutz im Energieinformationsnetz" am 17.06.2010 vorgestellt und diskutiert.